Werbung mit umweltbezogenen Aussagen sind im Marketing sehr aktuell. Solche "Green Claims" sind grundsätzlich rechtlich nicht unzulässig. Da diese Werbebotschaften aber eine starke emotionale Werbekraft haben und das angesprochene Publikum meist nur über geringes Fachwissen über die komplexen Zusammenhänge der Produktion verfügt, bestehen weitgehende Aufklärungspflichten. Dr. Myrna Meyer, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz bei der Anwaltskanzlei FPS, erklärt, worauf es ankommt.
Klimaneutral, nachhaltig, umweltfreundlich, recycelbar – immer häufiger wird mit solchen Schlagwörtern geworben, welche die Umweltfreundlichkeit von Produkten betonen. Doch nur, wenn das Produkt wirklich hält, was es verspricht, sind solche Werbebotschaften auch zulässig. Für die Verbraucher:innen muss klar sein, wie "grün" das Produkt wirklich ist. Vage Aussagen wie "umweltfreundlich" müssen daher nicht nur stimmen, sondern auch darüber informieren, welcher Anteil an dem Produkt umweltfreundlich ist.
Da durch das gesteigerte gesellschaftliche Umweltbewusstsein die Produktionsbedingungen und deren Nachhaltigkeit für viele Menschen zunehmend wichtige Aspekte ihrer Kaufentscheidungen sind, stellt die Rechtsprechung hierzulande entsprechend strenge Anforderungen an umweltbezogene Werbung und fordert Transparenz durch umfangreiche Aufklärungspflichten. Im Rahmen der Umsetzung des Green Deals will außerdem auch die EU-Kommission die Verbraucherrechte durch weitreichendere Informationspflichten stärken und "Greenwashing" verhindern.
Was ist also bei Werbung mit Umwelt-Claims ("Green Claims") konkret zu beachten?
Werbung mit der Klimaneutralität von Produkten wird immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, die Verbraucher:innen in die Irre zu führen. Anknüpfungspunkt ist in den meisten Fällen, dass die Klimaneutralität nicht durch emissionsvermeidende Maßnahmen etwa bei den Produktionsprozessen selbst erreicht wird, sondern Unternehmen durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten einen (vermeintlichen) Ausgleich für die Emissionen schaffen.
Derartige Werbebotschaften holen daher regelmäßig die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale) auf den Plan, die schon in diversen Fällen umweltbezogene Werbung als irreführend und intransparent abgemahnt hat, darunter Aussagen wie "100 % klimaneutrale Produktion" oder "wir handeln klimaneutral". Beanstandet wird vor allem, dass die Werbung nicht darüber aufklärt, dass die beworbene Klimaneutralität durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten erreicht wird, die zwar umweltschützende Maßnahmen etwa in Entwicklungs- und Schwellenländern fördern, aber in keinem Zusammenhang mit dem werbenden Unternehmen oder seinen Produkten stehen.
Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht aktuell gegen Werbe-Claims zur Klimaneutralität von Produkten vor, bei denen die angeblichen Kompensationswirkungen von Projekten nicht nachvollziehbar seien und fordert Verbraucherinnen und Verbraucher auf, weitere Beispiele für derartigen "Fake-Klimaschutz" zu schicken.
Auch wenn die Forderungen nach transparenter Information über die Hintergründe der Umwelt-Claims gerade aktuell aufgrund der zunehmenden Werbung hiermit besonders im Fokus steht, ist bereits in der Vergangenheit in der Rechtsprechung immer wieder festgehalten worden, dass für die Zulässigkeit umweltbezogener Werbebotschaften ein strenger Maßstab gilt (so schon der BGH in der Entscheidung "Umweltfreundliches Bauen").
So wurden beispielsweise die Werbeaussagen "nachwachsend", "aus heimischen Rohstoffen" und "aus heimischen Vorprodukten" als irreführend untersagt. Die Angabe "nachwachsend" sei unmittelbar auf das Produkt bezogen und suggeriere, dass es aus nachwachsenden Stoffen besteht. Dagegen beinhaltete das Produkt, um das es bei der Entscheidung ging, aufbereitete Abfallprodukte, in denen dann wiederum nachwachsende Rohstoffe enthalten waren. Die Aussagen "aus heimischen Rohstoffen" und "aus heimischen Vorprodukten" seien irreführend, da der Rohstoff tatsächlich aus Übersee stammte und nur in Deutschland verarbeitet und hier zu einem Abfallprodukt geworden ist.
Außerdem wurden auch zu pauschale Aussagen wie "umweltfreundlich produziert" oder die Aufschrift "Die Dose ist grün" auf einer Blechdose als irreführend verboten. Wird mit einer generellen Umweltfreundlichkeit eines Produkts geworben, muss darüber aufgeklärt werden, welcher konkrete Aspekt der Ware oder ihres Produktionsprozesses einen umweltbezogenen Vorzug aufweist und wie dieser aussieht. Auch wenn dem Publikum sicher bewusst ist, dass Rohstoffe nicht ohne jeden Eingriff in die Natur gewonnen werden können, darf die Werbung mit besonderer Umweltfreundlichkeit nicht den unzutreffenden Eindruck vermitteln, ein Produkt sei frei von umweltschädlichen Stoffen.
Fazit:
Umweltbezogene Werbeclaims sind grundsätzlich erst einmal zulässig. Da solche Werbebotschaften aber eine starke emotionale Werbekraft haben und das angesprochene Publikum meist nur über geringes Fachwissen bezogen auf die tatsächlichen Produktionsprozesse verfügt, bestehen weitgehende Aufklärungspflichten. Entscheidend ist dabei, wahrheitsgemäß und transparent darüber zu informieren, was hinter dem "Green Claim" steckt und worauf er sich konkret bezieht.
Vor allem bei pauschalen oder mehrdeutigen Umwelt-Claims muss das werbende Unternehmen den konkreten Umweltbezug seines Produktes oder seiner Leistung benennen, um eine Irreführung auszuschließen. Zwar fordert das Wettbewerbsrecht keine umfassende Aufklärung über alle Nachteile des eigenen Produkts, sodass auch eine Werbung mit einem Umweltaspekt möglich ist, ohne dass über andere Umwelteinflüsse aufgeklärt wird. Die Grenze des Zulässigen ist aber jedenfalls dann überschritten, soweit der Käufer seine Kaufentscheidung zu dem Produkt anders getroffen hätte, wenn er von dem verschwiegenen Umweltnachteil gewusst hätte. Bezogen auf konkrete Beispiele zu Green Claims heißt das:
Als "klimaneutral" beworbene Produkte müssen entweder tatsächlich mit emissionsvermeidenden Maßnahmen produziert worden sein oder sollten darüber aufklären, dass sich die Klimaneutralität auf einen vorgenommenen CO₂-Ausgleich bezieht. Die Emissionen müssen dann auch vollständig ausgeglichen und die Verbraucher:innen darüber aufgeklärt werden, welche Klimaschutzprojekte hierdurch unterstützt werden. Bei pauschalen Aussagen zur Umweltfreundlichkeit (etwa "nachhaltig", "umweltfreundlich produziert") muss deutlich werden, was mit dem unscharfen Begriff konkret gemeint ist, insbesondere, welcher Anteil an dem Produkt wirklich umweltfreundlich ist. Umweltfreundliche Eigenschaften der Produkte wie "nachwachsend" oder "aus heimischen Rohstoffen" verstehen die angesprochenen Verbraucher ohne erklärende Zusätze als unmittelbar auf das Produkt bezogen. Besteht das Produkt dagegen nur mittelbar aus Stoffen, auf die die beworbene Eigenschaft zutrifft, müssen die Verbraucher auch hierüber aufgeklärt werden.
Für die Zukunft formuliert Dr. Myrna Meyer folgenden Ausblick:
"Es ist zu erwarten, dass die Gerichte und andere Kontrollinstanzen zukünftig bei umweltbezogener Werbung eher noch genauer hinsehen, als einen milderen Maßstab anzulegen. Dies liegt zum einen an der zunehmenden Werbewirksamkeit der Umwelt-Claims aufgrund des gesteigerten Interesses der Verbraucher:innen an nachhaltigen Produkten. Zum anderen will die EU-Kommission ebenfalls künftig stärker gegen Greenwashing in der Werbung vorgehen, auch wenn es bis zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Rahmen des Green Deals noch einige Zeit dauern wird. Damit die Verbraucher und Verbraucherinnen eine informierte Kaufentscheidungen treffen können, sollen die Hersteller dazu verpflichtet werden, umfassende und klar über die Umweltauswirkungen eines Produkts, seine Lebensdauer und Reparierbarkeit zu informieren."
Titelbild: Dr. Myrna Meyer ist Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz bei der Anwaltskanzlei FPS. Zu ihren Schwerpunkten gehören das Wettbewerbsrecht, Marken- und Urheberrecht. Sie betreut internationale und deutsche Unternehmen.
Verwandte Themen:
Green Marketing, Green Claims, Green Washing, Werbung mit Nachhaltigkeit, CSR, Nachhaltigkeitsaussagen, Werbung und Recht, Werberecht, Wettbewerbsrecht, rechtliche Aspekte, umweltbezogene Werbung, CSR Kampagnen, Wettbewerbszentrale
Keinen Marketing-Trend mehr verpassen? marketingScout Newsletter








