Ehrlichkeit, Empathie, Engagement – ein dreifaches "E" gab Deutsche Bahn CMO Jürgen Kornmann als Leitlinie für das Deutsche Bahn Marketing aus. Die marketingScout.com Redaktion konnte terminbedingt nicht live beim HORIZONT Kongress 2023 (29.-30. Juni, Frankfurt/M.) dabei sein, dafür aber den Livestream des CMO Talk der drei "Großkopferten" von P&G, Deutsche Bahn und Deutsche Telekom umso aufmerksamer verfolgen. Eine interessante Session, denn die drei Marken-Verantwortlichen brachten die großen Herausforderungen für die Markenführung von heute auf den Punkt.
Der erste Tag beim HORIZONT Kongress 2023 bot viele spannende Agendapunkte. Besonders interessant für die marketingScout.com Redaktion war der CMO Talk. In dem 45-minütigen Zeitfenster äußerten sich Kristina Bulle, CMO bei Procter & Gamble (P&G), Ulrich Klenke, Markenchef Deutsche Telekom, und Jürgen Kornmann, Chief Marketing Officer Deutsche Bahn AG, zu den Herausforderungen in der Markenführung. Ulrich Klenke war terminbedingt nicht vor Ort, sondern live aus dem Auto dazugeschaltet. Das "SPACEige" Hintergrundmotiv seiner Liveübertragung (es sah so aus, als sitze er in einem Raumschiff, das um die Erde kreist) passte zum Anspruch der Telekom, Marken-Kommunikation kreativer zu gestalten, das Ohr ganz nah am Kunden zu haben, um so die richtige Tonalität zu finden.
Interessant und erkenntnisreich war vor allem der Beitrag von Kristina Bulle. Die P&G CMO sprach sich eindeutig gegen "nervige Werbung" aus. Es könne nicht Sinn und Zweck der Werbung sein, die Menschen bei dem, was sie gerade tun wollen, zum Beispiel Nachrichten konsumieren, mit Werbung zu unterbrechen. Dies gelte vor allem im digitalen Raum.
Als wichtigste CMO Aufgabe nannte sie "Relevanz schaffen" – und dies nicht nur kommunikativ, sondern vor allem über die Produkte. Die Langlebigkeit von Produkten, insbesondere im technischen Bereich, wie z.B. bei Rasierern, sei heute für die Konsument:innen höchst relevant. Der Kunde könne seine Euros nur einmal investieren und sollte daher eine verlässliche Produktqualität erwarten dürfen. Als weiteres Beispiel für ein mehrwertiges Marketing im Sinne von P&G nannte Kristina Bulle die Waschmittelmarke Ariel. Das Produkt plus die passende #Wirdrehenrunter Kampagne helfe dem Kunden, Geld zu sparen und gleichzeitig zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen. Der individuelle Kundennutzen müsse in der Kommunikation aber stets erkennbar sein.
Zum Thema Haltungs-Kampagnen ("Purpose") äußerte sich Kristina Bulle eher kritisch: Werbung müsse in erster Linie verkaufen, Haltung dürfe kein Selbstzweck von Unternehmen oder Marken sein. "Bunt, divers, inklusiv" nannte sie in diesem Zusammenhang den P&G Anspruch. Es gehe darum, Produkte herzustellen, die möglichst allen Menschen einen Nutzen stiften. Die Produkte, das Packaging und auch die Kommunikation müssten auch für Menschen mit Einschränkungen, z.B. durch Arthrose oder Parkinson, nutzbar sein. Verpackungen müssten dahingehend optimiert werden. Und Menschen mit Sehbehinderungen dürften nicht von der Marken-Kommunikation ausgeschlossen werden. Werbemaßnahmen müssten barrierefreier gestaltet, z.B. Videos konsequent untertitelt, werden.
Die einprägsamste Formel für die Aufgabe eines CMOs formulierte Jürgen Kornmann, Chief Marketing Officer bei der Deutschen Bahn. "Ehrlichkeit – Empathie – Engagement" bezeichnete er als Dreiklang, um den es im Marketing und bei der Kommunikation gegenüber Stakeholdern gehen müsse. Die Herausforderung liege darin, Vertrauen zu gewinnen und gleichzeitig Zuversicht zu vermitteln, sowohl in Richtung der Kundinnen und Kunden als auch der Mitarbeitenden. Nur wer das Licht am Ende des Tunnels sehe, bringe das Durchhaltevermögen auf, den Tunnel fertig zu bauen.
In dieser Aussage liegt viel Weisheit. Denn viele aktuelle Herausforderungen unserer Zeit erfordern tatsächlich eine Extraportion Motivation und Zuversicht – da hilft es nicht, täglich Weltuntergangs-Stimmungen zu verbreiten.
Jürgen Kornmann sah ebenfalls, wie Kristina Bulle, die Notwendigkeit eines mehrwertigeren Marketings für die Stakeholder. Diese würden bei jeder Maßnahme fragen "What’s in it for me?" und sollten nicht das Gefühl haben, das Unternehmen arbeite an ihnen vorbei, rein um der guten Taten willen. Dennoch sei sich die Deutsche Bahn ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Eine bedarfsorientierte Produktkommunikation, z.B. Angebotswerbung, und eine auf die gesellschaftlichen Belange und Zuversicht ausgerichtete Image-Kommunikation gingen daher bei der Deutschen Bahn Hand in Hand.
Sehr inspirierend auch die Aussagen von Ulrich Klenke, Deutsche Telekom. Zu den wichtigsten Aufgaben eines Marken- und Marketing-Verantwortlichen bei der Telekom gehöre es, "digitalen Optimismus" zu verbreiten und über kontinuierliche Sentiment-Analysen zu wissen, was die Stakeholder, insbesondere die Kund:innen bewegt – um dadurch letztlich auch die richtige Tonalität in der Kommunikation zu finden. Bezogen auf das Thema "Purpose" sagte Klenke, dass die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit stärker gespielt werden müssen. Bei der Telekom äußert sich das z.B. in einem besonderen Engagement gegen Hass im Netz.
Interessant war Klenkes Aussage, dass er die Anzahl und Qualität der gewonnen Marketing- und Kreativ-Awards als einen wichtigen Key Performance Indikator (KPI) für die Agentur- und Kreativarbeit sehe.
In der Marketingbranche wird oft und bereits seit vielen Jahren darüber diskutiert, ob es ein erstrebenswertes Ziel für Agenturen, Kreative und deren Auftraggeber sein kann, möglichst viele Awards zu gewinnen. Wie auch immer man zu dem Thema steht: Awards sind durchaus ein Gradmesser für Kreativität und Zeitgeist.
Laut Ulrich Klenke könne "KI" helfen, den kreativen Output zu optimieren. Er teilte die Angst vieler Schaffenden im Kreativbusiness vor Künstlicher Intelligenz offensichtlich nicht. Das Werbeniveau in Deutschland sei im Vergleich eher schwach, so Klenke – damit meinte er die kreative Güte. Die gute, enge Zusammenarbeit zwischen Auftraggebern und Kreativen, gepaart mit tiefen Insights über Kundenbedürfnisse, sei entscheidend, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Und ja, da hat er absolut Recht.
Der Livestream des HORIZONT Kongresses 2023 funktionierte übrigens perfekt, die Zuschaltung von Ulrich Klenke war ruckelfrei, die Moderation war frisch und gut vorbereitet auf die drängenden Fragen im Marketingbusiness. Heute geht’s in die zweite Runde – die marketingScout.com Redaktion kann leider terminbedingt nicht dabei sein und freut sich auf spannende Nachberichte der Kolleg:innen.
Bild: HORIZONT Kongress 2023 – CMO Talk, Tag 1 – im Vordergrund (großes Bild) Ulrich Klenke, Deutsche Telekom | Screenshot v. 29.06.2023 | Livestream / Pressezugang marketingScout.com Redaktion

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Verfasser: marketingScout.com Redaktion / Monika Monzel (Editor-in-Chief)
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