Wertewandel Deutsche brauchen weniger Spass – GfK zeigt Verbrauchertrends 1997 vs. 2022

Bild /Infografik: Deutsche legen heute mehr Wert auf Bescheidenheit und Chancengleichheit als noch vor einem Vierteljahrhundert. (Quelle: GfK)
20. Oktober 2022 Autor: Redaktion MarketingScout

Die Deutschen brauchen offensichtlich weniger Spaß, legen dafür mehr Wert auf soziale Werte, Bildung und Freizeit als noch vor 25 Jahren. Eine aktuelle GfK Langzeit-Analyse zeigt den Wandel von Werten, Einstellungen, Sorgen und Verhaltensweisen der Verbraucher seit 1997. Kaum zu glauben: Bescheidenheit steht heute höher im Kurs als noch vor einem Vierteljahrhundert, während der Spaßfaktor an Bedeutung verloren hat. (Warum) Sind die deutschen Verbraucher:innen so ernst geworden?

Seit 25 Jahren befragt die GfK Konsumenten in Deutschland und der Welt zu ihren Werten, Einstellungen, Sorgen und Verhaltensweisen. Ein aktueller Daten-Vergleich zeigt, wie sehr sich die Verbraucher seit 1997 verändert haben. Klimakrise, Inflation und steigende Energiekosten könnten dafür verantwortlich sein, dass sich neue Werte und Einstellungen herausgebildet haben. Einiges ist aber auch stabil geblieben. So ist der "Schutz der Familie" bereits seit 1997 der wichtigste Wert der Deutschen, unverändert. Auch "Ehrlichkeit" rangiert seit 1997 bis heute unter den fünf wichtigsten Werten.

Es gibt aber auch große Veränderungen. Laut GfK Consumer Life Studie haben folgende Werte für die Deutschen massiv an Bedeutung gewonnen: 1) "Bescheidenheit" bzw. sich selbst zurückstellen hat 16 Ränge im Vergleich zu 1997 gut gemacht; 2) "Chancengleichheit" und soziale Toleranz (jeweils 11 Ränge); 3) "Wissen", Bildung (10 Ränge); 4) "Neugier", Freizeit (9 Ränge); 5) "Hilfsbereitschaft" (9 Ränge). Auch der Schutz der Umwelt ist wichtiger geworden, er liegt auf Platz 10 der wichtigsten Werte der Deutschen. Am stärksten rückläufig ist dagegen der "Respekt gegenüber den Vorfahren", das Streben nach einem "guten Aussehen" oder "Spaß haben" (jeweils 11 Ränge). Auch "materielle Sicherheit und Status" verlieren an Bedeutung.

Petra Süptitz, Expertin für Konsumententrends bei GfK, sagt: "Diese Veränderungen zeigen eine klare Verschiebung unseres Wertesystems. Unter dem Einfluss des steigenden Wohlstands in den letzten Jahren haben wir uns zunehmend in Richtung einer postmateriellen Gesellschaft entwickelt."

Neben dem gesellschaftlichen Wohlstand hat die verfügbare Freizeit in den letzten Jahren zugenommen. Laut Daten des statistischen Bundesamtes ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei Männern seit 1997 bis 2021 von 40,9 auf 33,6 Stunden gesunken, bei Frauen von 30,8 auf 25,6 Stunden. Dadurch entwickelten die Deutschen höhere Ansprüche an die eigene Lebensgestaltung und die Nutzung ihrer freien Zeit: kulturelle Bereicherung, Abenteuer und Kreativität wurden wichtiger.

Interessant ist auch, wie sich die Sorgen der Konsumenten verändert haben. 1997 haben sich die Deutschen am stärksten vor "Arbeitslosigkeit und Rezession" gefürchtet, 2022 belegt dieser Punkt nur noch Platz 9. Stattdessen beeinflusst die aktuelle wirtschaftliche Lage nun die Sorgen der Deutschen. Die Furcht vor "Inflation / zu hohe Preise" belegt Platz 1, gefolgt von der Angst, die Rechnungen nicht mehr zahlen zu können. Die Sorge um die Umwelt war bereits 1997 ein Thema (Rang 4) und ist seitdem wichtiger geworden (Rang 3). Sorgen zum Thema Drogenmissbrauch sind dagegen auf den letzten Platz gerutscht.

"Die Werte, Einstellungen, Sorgen und damit auch Verhaltensweisen der Konsumenten befinden sich fortlaufend im Wandel und werden von gesellschaftlichen Veränderungen nachhaltig beeinflusst. Unternehmen und Marken müssen die aktuellen Entwicklungen verstehen, um erfolgreich durch die aktuellen Krisen navigieren zu können," empfiehlt Petra Süptitz. "Insbesondere persönliche Werte steuern das Verhalten der Konsumenten auf einer unbewussten, emotionalen Ebene, die gesellschaftliche Kräfte oft überlagert. Nur wenn Marken diese gesellschaftlichen Werteveränderungen verstehen, können sie lebenslange krisenfeste Bindungen zu ihren Zielgruppen aufbauen."

Weitere Informationen zu den Werteveränderungen der Konsumenten gibt es im Value Factbook Report von GfK.

Kritisch anzumerken ist, dass man die Ergebnisse aller Umfragen zu persönlichen Werten und Einstellungen auch immer vor dem Hintergrund sämtlicher Rahmenbedingungen werten muss. So sind z.B. die Werte "Bescheidenheit" und "Fürsorge" vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen unzweifelhaft gesellschaftlich wichtig(er) geworden, sie gelten jedoch auch zunehmend öffentlich als sozial erwünscht, während es gesellschaftlich fragwürdig ist, ob man angesichts der vielen Krisen überhaupt noch Spass haben darf, obwohl "Freude" ein menschliches Grundbedürfnis ist, das ganz tief im Unterbewusstsein verankert ist. Insofern muss man bei allen Umfragen zu persönlichen Werten stets auch kritisch hinterfragen, inwieweit die Antworten davon (un)beeinflusst sind, was gesellschaftlich im Sinne der öffentlichen Diskussion als akzeptiert bzw. wünschenswert gilt. Im Einzelfalle hängt es sicherlich von der persönlichen Unerschrockenheit des Probanden ab, Fragen zu persönlichen Prioritäten wahrheitsgemäß zu beantworten.

Bild /Infografik: Deutsche legen heute mehr Wert auf Bescheidenheit und Chancengleichheit als noch vor einem Vierteljahrhundert. (Quelle: GfK)

Bild /Infografik: Deutsche legen heute mehr Wert auf Bescheidenheit und Chancengleichheit als noch vor einem Vierteljahrhundert. (Quelle: GfK)
Bild /Infografik: Deutsche legen heute mehr Wert auf Bescheidenheit und Chancengleichheit als noch vor einem Vierteljahrhundert. (Quelle: GfK)

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