Für Kimberly Whitler, Professorin an der University of Virginia Darden School of Business, ist der viel beschworene "Brand Purpose" der Nordstern jeder Marke. Er hilft bei der Ausrichtung und Fokussierung eines Unternehmens und kann einer Marke dabei helfen, neue Herausforderungen stringent zu meistern.
Prof. Whitler erklärt in ihrem neuen Buch "Positioning for Advantage: Techniques and Strategies to Grow Brand Value" die Techniken und Strategien zur Steigerung des Markenwertes. Der Begriff Brand Purpose wird dabei definiert als ein essenzielles Element der Markenbildung, das die grundlegende Bestimmungsfrage beantwortet: Warum sollte es diese Marke angesichts all der anderen Marken auf dem Markt geben? Andere Marketingfachleute formulieren dies auch so: Wie kann diese Marke einen neuen Wert für die Verbraucher schaffen, so dass sie im Laufe der Zeit ein profitables Wachstum erzielen kann?
Um den "Brand Purpose", d.h. den originären und einzigartigen Marken-Zweck bzw. Marken-Wert effektiv zum Markenaufbau und im Marketing zu nutzen, muss man laut Prof. Kimberly Whitler vor allem folgende fünf Punkte beachten:
1. Ausrichtung auf die Zielgruppe
Ein wichtiges Kriterium bei der Gestaltung des Brand Purpose ist die Ausrichtung auf den/die Zielkunden. Daher sollten die Marken manager*innen sicherstellen, dass die Markenbestimmung mit der Wertschöpfung für ihre Zielgruppen in Einklang steht.
Als Beispiel nennt Prof. Whitler den Brand Purpose von PetSmart: "Jeden Tag und bei jeder Gelegenheit helfen die Mitarbeiter von PetSmart den Tierhaltern (pet parents), ihnen ihre Haustiere näher zu bringen, damit sie ein erfüllteres Leben führen können." Die Zielgruppe von PetSmart sind Menschen, die ihre Haustiere wie Familienmitglieder behandeln – die engagiertesten "Eltern" von Haustieren. Auf diese Weise ist der Brand Purpose konsequent mit den Wünschen der Zielkunden verbunden.
2. Der richtige Fokus
Ein gut formulierter und umgesetzter Brand Purpose schafft neue Möglichkeiten, indem er die Chance bietet, den Markenwert im Laufe der Zeit zu steigern und gleichzeitig angemessene Grenzen und Richtungen vorzugeben. Ist der Brand Purpose zu weit gefasst, kann eine Marke Ressourcen, Zeit und Mühe für nicht miteinander verbundene Aktivitäten verschwenden, die keinen synergetischen Wert schaffen. Während ein zu weit gefasster Markenzweck die Gefahr birgt, dass eine Marke unfokussiert und ungerichtet bleibt, kann ein zu eng gefasster Markenzweck zu verpassten Wachstums- und Aufstiegschancen führen.
Ein Beispiel ist der Brand Purpose von Dyson: "Probleme lösen, die andere ignorieren". Dyson ist vor allem für seine Staubsauger bekannt und konzentriert sich auf Technik, Effizienz und Funktionalität, um die Bedürfnisse seiner Kunden zu erfüllen. Der Umfang ist klar, und diese Art von lösungsorientierter Bestimmung unterscheidet sich z.B. deutlich von der Zielsetzung von Coca-Cola.
3. Markenaktivierung auf den Brand Purpose abstimmen
Ein guter Brand Purpose hilft den Markenverantwortlichen zu erkennen, welche Aktivierungsmaßnahmen angemessen sind. Ein Brand Purpose hat keinen Nutzen, wenn das Handeln der Marke nicht mit ihm übereinstimmt. Oft wird eine Marke intern von ihren Mitarbeitern und extern von Kunden oder anderen Interessengruppen unter Druck gesetzt, Maßnahmen zu ergreifen oder eine Erklärung zu einem bestimmten Thema abzugeben, das Schlagzeilen macht oder sich auf die Gesellschaft auswirkt. Eine Marke sollte sorgfältig prüfen, ob das Thema für den Brand Purpose relevant ist und innerhalb der von ihr definierten Grenzen liegt.
4. Glaubwürdig und authentisch sein
Wenn Marken öffentliche Erklärungen abgeben oder Werbebotschaften platzieren, werden sie heute immer genauer unter die Lupe genommen. Marken sollten damit rechnen, dass die Öffentlichkeit die Handlungen der Marke prüft und auf jegliche Heuchelei aufmerksam macht. Es ist wichtig, dass eine Marke bei ihren öffentlichen Äußerungen zu bestimmten Themen keine hohlen Phrasen drischt.
Wenn Marken damit beginnen, für ihre Werte und Vorzüge (d. h. den Brand Purpose) zu werben, müssen sie die Verbraucher davon überzeugen, dass ihre Bemühungen uneigennützig und nicht auf Profit ausgerichtet sind. Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage sind 4 von 10 Verbrauchern der Meinung, dass Marken zu sehr versuchen, den Anschein zu erwecken, dass sie sich engagieren. Wenn sich eine Marke in eine Initiative stürzt, die ihrem Brand Purpose nicht gerecht wird, wird sie sofort von einem bereits skeptischen Kundenstamm zurückgewiesen. Vertrauen ist das wertvollste Markenattribut, das Marketer stärken können. Dazu gehört auch, den Brand Purpose authentisch zu vermitteln.
5. Den Brand Purpose mit dem Unternehmenszweck in Einklang bringen
Ein häufiger Fehler der Marken hängt damit zusammen, dass sie die Beziehung zur Muttermarke oder zu anderen Marken innerhalb der Muttergesellschaft nicht berücksichtigen. Es ist wichtig, dass ein Brand Purpose nicht mit einem anderen in Konflikt gerät.
Als Dove beispielsweise die "Campaign for Real Beauty" startete, geriet die Muttergesellschaft Unilever in Schwierigkeiten, da das Unternehmen auch die Marke Axe besitzt. Das Problem? Dove griff Marken an, die künstliche Schönheit aufwerteten, weil sie das Selbstvertrauen der Frauen untergruben, während Axe in der Tat Frauen sexualisierte. Dieser Umstand führte zu einer unerwünschten öffentlichen Medienaufmerksamkeit. Ein kluger Brand Purpose stellt sicher, dass zumindest die Zielsetzung einer Marke nicht mit der einer anderen Marke unter dem gleichen Dach in Konflikt gerät. Der "Brand Purpose" sollte einer Marke zu Wachstum verhelfen und nicht eine Richtung vorgeben, die zu Boykott und Abwanderung der Verbraucher führt. Um den Brand Purpose effektiv zu gestalten und zu aktivieren, bedarf es daher gründlicher Überlegungen.
Titelbild: Prof. Kimberly Whitler, University of Virginia Darden School of Business (Quelle: https://ideas.darden.virginia.edu/kimberly-a-whitler)
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