Es gibt zur Zeit wohl kein wichtigeres Thema in den Betrieben und auch im Privaten als die "Coronaschutz-Impfung". Das Reiseportal HolidayCheck beteiligt sich an der aktuellen Marken-Initiative #ZusammenGegenCorona und findet durchaus die richtigen Worte. Das Ziel ist es, mehr Menschen zum Impfen zu motivieren. Die Tonality ist konstruktiv, die Absicht edel, der Erfolg der Appelle wahrscheinlich deutlich größer als "Druck", aber es gibt Luft nach oben …
Bereits im Frühsommer 2021 hatte HolidayCheck einen Appell an alle Urlauber*innen gerichtet, mehr Verantwortung im Kampf gegen das Corona-Virus zu übernehmen. Die Empfehlungen bezogen sich auf die Einhaltung der Hygieneregeln und auf die Impfung selbst als bestes Mittel zum Selbstschutz und zum Schutz Dritter. In der aktuellen Kampagne betont das Reise- und Bewertungsportal, dass das Impfen eine zentrale Rolle für den Tourismus spiele. Reisen sei eine der schönsten Beschäftigungen der Welt und jeder Reisende trage auch eine Verantwortung für die Menschen, die in den verschiedenen Destinationen leben, genauso wie für die Mitbürger bei der Rückkehr nach Hause.
Mit der Teilnahme an der (von zahlreichen deutschen Marken unterstützten) Initiative #ZusammenGegenCorona ruft HolidayCheck nun alle Urlauber*innen erneut dazu auf, sich impfen zu lassen. Durch umsichtiges Handeln können alle dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen und die Reisefreiheit zu bewahren. Georg Ziegler, Director Brand, Content und Community bei HolidayCheck, findet überzeugende Worte: "Als Touristik-Unternehmen appellieren wir an alle UrlauberInnen: Nehmt die Verantwortung, die Ihr als Reisende habt, ernst und vergesst nicht: Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto weniger Chancen geben wir dem Virus. Und desto größer sind die Chancen auf einen unbeschwerten Urlaub im nächsten Jahr."
Der Appell an alle Reisenden ist sehr nachvollziehbar, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen. Das Thema insgesamt bleibt jedoch schwierig. Motivations- oder "Bitte"-Kampagnen wie diese werden (genau wie die vielen Danke-Kampagnen in 2020) aktuell dringend gebraucht, denn sie sind mit großer Wahrscheinlichkeit zielführender und für die Gesellschaft wertstiftender als "Motivation durch Druck" oder Zwietracht.
Viele Marken, die sich an der Kampagne beteiligen, befinden sich jedoch in dem Dilemma, dass es auch in ihren eigenen Reihen (= Betrieben) Menschen gibt, die der Bitte nicht nachkommen werden/können. Es mag viele Gründe gegen das Impfen geben, die objektiv nicht nachvollziehbar sind – von rein destruktiven "Anti-Haltungen" über "Bequemlichkeit" bis hin zu blanken Hirngespinsten. Aber vielleicht hat der ein oder andere Arbeitgeber in der Belegschaft z.B. ein paar Menschen, die an einem nicht direkt erkennbaren Handicap leiden, z.B. einer Autoimmunerkrankung, von der niemand (weder die Teamleitung, noch HR oder eine Vertrauensperson im Betrieb) etwas weiß. Gerade Menschen, die an Multiple Sklerose, Lupus, Neurodermitis & Co. leiden, halten dies, wenn sie können, oft lange geheim, weil sie ihren Alltag nicht von dem Handicap bestimmen lassen und niemanden damit belästigen möchten – und manchmal auch, weil ihnen die Krankheit persönlich peinlich ist.
Medizinisch gesehen geht man aktuell davon aus, dass die Impfung gegen das Corona-Virus bei solchen Erkrankungen nicht schadet (i.S.v. "triggert"), aber niemand will und kann hierfür eine Garantie übernehmen. Die massive Angst vor unerwünschten "Schüben" (getriggert durch die Impfung bzw. die Angst vor der Impfung), die bei solchen Erkrankungen erhebliche Folgen haben können (Lähmungen, chronische Schmerzen, Nervenleiden etc.), hält diese Menschen davon ab, sich impfen zu lassen, obwohl die Maßnahme an sich von ihnen positiv bewertet wird. Vielleicht erklärt dies, warum "früher" nette und intelligente Kolleg*innen "sich nun nicht mehr nachvollziehbar" und trotz aller Beschränkungen / Benachteiligungen aus den (nicht für jedermann/frau sofort ersichtlichen) genannten (oder verwandten) Gründen gegen die Impfung entscheiden.
Nun kann man diese Gründe sicherlich wegdiskutieren oder ein Vorbild finden, das die Befürchtungen enthärtet, aber die innere Zereißprobe für die meisten Betroffenen bleibt. Unternehmen, die angesichts dieser Umstände 96, 97% Impfquote melden, haben in der internen Kommunikation und wohl auch in der Personalpolitik alles richtig gemacht – sie haben sich offensichtlich für die agilsten und physisch makellosesten Kandidat*innen entschieden.
Die gute Absicht der aktuellen Marken-Initiative ist klar erkennbar, zu den gelungenen kreativen und PR-politischen Maßnahmen zählt u.a. die Umsetzung von HolidayCheck. Leider bieten solche – selbst gut gemachten – Impf-Kampagnen nicht nur konstruktiven Menschen Motivation, sondern bedauerlicherweise auch Hatern eine Basis. Deshalb ist kreativ noch "Luft nach oben". Das IDEAL wäre sicherlich ein klares Bekenntnis der Marken (bzw. Unternehmen / Arbeitgeber) "PRO" Impfung, bei gleichzeitigem klaren Appell "CONTRA" pauschale Vorverurteilungen und/oder Ausgrenzungen, vereint in einer Kampagne.
Eine kreativer Ansatz (ganz schnell skizziert) könnte wie folgt aussehen:
(Headline) IMPF DEIN DING
(Subline) … wenn du kannst*
(Marginaltext) *Schützen Sie sich und andere vor pauschalen Vorverurteilungen und konsultieren Sie bei etwaigen Fragen Ihren Arzt oder Apotheker. P.S. an alle Leser (w/m/d) – Die Formulierung "dein Ding" versteht sich i.S.v. "deine Sache"; konkrete Körperteile sind nicht gemeint 🙂
Und wenn dann ein paar Menschen (oder Mitglieder von Parteien) mit seltsamen Weltanschauungen diesen neuen Ansatz mit-beklatschen, darf/kann man trotzdem dabei bleiben; denn wenn Menschen mit seltsamen Weltanschauungen Sneakers von erfolgreichen deutschen Sportartikel-Herstellern tragen, heißt dies ja nicht im Umkehrschluss, dass diese Marken seltsame Menschen mit seltsamen Weltanschauungen unterstützen.
In diesem Sinne ist die Markentingbranche weiterhin gespannt auf neue, kreative, konstruktive, lösungsorientierte, differenzierende und integrierende Kampagnenideen in 2022.
Bild: #ZusammenGegenCorona Kampagnen-Visual von HolidayCheck | Der "Pro Impfung" umgetextete Claim des Reise- und Bewertungsportals wirkt sympathisch und verfolgt ein gutes Ziel (Copyrights: HolidayCheck). A.d.R. Der Claim heisst in der ursprünglichen Version "Buch dein Ding".

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