KI und Recht GEMA klagt gegen OpenAI – Was dies für die Nutzung von ChatGPT bedeuten kann

Dr. Susanne Grimm, Associate Partnerin bei Rödl & Partner
28. November 2024 Autor: Redaktion MarketingScout

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren viele Fortschritte gemacht und findet verstärkt auch Anwendung im Marketing. Ein zentraler Aspekt der Entwicklung von KI ist das "KI-Training". Hierbei werden große Datenmengen verwendet, um die KI-Modelle zu verbessern. Dies wirft jedoch urheberrechtliche Fragen auf, insbesondere wenn geschützte Werke ohne Zustimmung des Urhebers zum Trainieren der KI verwendet werden. Die GEMA hat nun eine Klage gegen OpenAI eingereicht. Rechtsanwältin Dr. Susanne Grimm, Associate Partnerin bei Rödl & Partner, erklärt das "Warum" sowie mögliche Konsequenzen, die alle KI-Nutzer betreffen können.

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 310 O 227/23) hat erste Leitlinien gegeben, unter welchen Umständen das Training von KI mit urheberrechtlich geschützten Werken erlaubt sein kann. Dennoch besteht weiterhin große Rechtsunsicherheit. Frischen Wind in die Debatte bringt nun die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte): Sie verklagt OpenAI, den Betreiber des KI-Dienstes ChatGPT, vor dem LG München. Doch auch in den USA bleibt OpenAI nicht verschont.

Worum es in den Verfahren geht und was das für die Benutzung von ChatGPT in der Zukunft bedeutet, erklärt Dr. Susanne Grimm, Associate Partnerin bei Rödl & Partner, in dem folgenden Gastbeitrag für marketingScout.com – Trendmagazin für Marketing.

OpenAI vor dem LG München

Die GEMA, eine deutsche Verwertungsgesellschaft für Musikrechte, hat als erste Verwertungsgesellschaft weltweit eine Klage gegen OpenAI eingereicht. Sie wirft dem Unternehmen vor, urheberrechtlich geschützte Songtexte ohne Lizenz zum Training der KI verwendet zu haben. Die GEMA argumentiert, dass OpenAI keine Zustimmung der Urheber eingeholt und keine Lizenzen erworben habe. Zudem würden die Urheber für die Nutzung ihrer Werke nicht vergütet.

Ob die GEMA Recht bekommt, hängt stark davon ab, ob das Training des Large Language Models (LLM) von der Text- und Data-Mining-Schranke des § 44b UrhG (Urheberrechtsgesetz) gedeckt ist. Diese Norm gibt verschiedene Voraussetzungen vor, die erfüllt sein müssen, damit das Training von KI-Modellen mit urheberrechtlich geschützten Werken zulässig ist. Ob diese Voraussetzungen von OpenAI erfüllt wurden, muss nun das Münchener Gericht entscheiden.

Diese Klage könnte weitreichende Konsequenzen für die Nutzung von KI in Deutschland haben, insbesondere in Bezug auf die Lizenzierung und Vergütung von urheberrechtlich geschützten Texten. Das Urteil könnte zusätzliche Leitlinien für das Training von KI und speziell für die Anwendung der Text- und Data-Mining-Schranke gemäß § 44b UrhG vorgeben, um die Auslegung der Schrankennorm mehr zu konturieren und die bestehende Rechtsunsicherheit in diesem Bereich zu verringern.

OpenAI vor US-Gerichten

Doch ChatGPT muss sich nicht nur vor deutschen Gerichten behaupten. Ein weiteres interessantes Verfahren in diesem Kontext ist die Klage der Nachrichtendienste Raw Story Media, Inc. und Alternet Media, Inc. gegen OpenAI in den USA.

Im Fall Raw Story Media, Inc. v. OpenAI Inc. geht es darum, dass OpenAI angeblich Artikel von ihren Websites verwendet hat, um ChatGPT und andere Modelle zu trainieren, ohne die Urheberrechts-Informationen wie Autorennamen und Titel beizubehalten.

Gemäß Abschnitt 1202(b) des Digital Millennium Copyright Act (DMCA) ist es verboten, urheberrechtlich geschützte Informationen ohne Erlaubnis zu entfernen oder zu verändern. Die Kläger argumentieren, dass OpenAI gegen diese Bestimmung verstoßen habe.

Das Gericht hat die Klage jedoch abgewiesen. Der Grund dafür ist, dass die Kläger keinen konkreten Schaden nachweisen konnten, der durch die angebliche Urheberrechtsverletzung entstanden ist. In den USA müssen Kläger jedoch einen tatsächlichen Schaden nachweisen, um klagebefugt zu sein.

Bewertung nach deutschem Recht

Die US-Richter führten weiter aus, dass sie angesichts der Menge an Informationen in der Datenbank es als eher unwahrscheinlich ansehen, dass ChatGPT plagiierte Inhalte aus einem der Artikel der Kläger ausgebe. Nach deutschem Recht wäre eine solche rechtliche Bewertung schwierig. Dass eine Wahrscheinlichkeit ausschlaggebend dafür sein soll, ob eine urheberrechtsverletzende Handlung angenommen wird oder nicht, wäre im deutschen Recht so nicht denkbar.

Was bedeuten diese Verfahren für die Zukunft der Nutzung von ChatGPT in Deutschland?

Sollte die GEMA erfolgreich sein, könnte dies weitreichende Konsequenzen für die Nutzung von KI in Deutschland haben. Es könnte bedeuten, dass Unternehmen wie OpenAI erst die Zustimmung der Urheber einholen müssten, bevor sie urheberrechtlich geschützte Werke verwenden dürfen. Dies könnte die Entwicklung und den Einsatz von KI verlangsamen, aber auch den Schutz der Urheberrechte stärken.

Die rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nutzung von KI und urheberrechtlich geschützten Werken sind komplex und noch lange nicht abschließend geklärt. Die aktuellen Verfahren werden wichtige Präzedenzfälle schaffen und die zukünftige Entwicklung in diesem Bereich maßgeblich beeinflussen.

Über die Autorin
Rechtsanwältin Dr. Susanne Grimm ist Associate Partnerin bei Rödl & Partner und Leiterin der Praxisgruppe IP & Media Rödl & Partner Deutschland. Sie ist spezialisiert im gewerblichen Rechtsschutz,  Urheber- und Verlagsrecht und UWG und berät in- und ausländische Unternehmen bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten, zu Fragen der Vertragsgestaltung in diesen Bereichen, wettbewerbsrechtlichen Fällen des UWG sowie zu Produktpiraterie. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Beratung zu Künstlicher Intelligenz (KI / AI).

Titelbild (Portrait): Dr. Susanne Grimm, Associate Partnerin bei Rödl & Partner

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Zusammenfassung: Die GEMA verklagt OpenAI  – Was dies für die Benutzung von ChatGPT & Co. bedeuten kann. Dr. Susanne Grimm, Associate Partnerin bei Rödl & Partner, erläutert die Gründe für die Klage und die möglichen rechtlichen Konsequenzen für den Einsatz generativer KI, auch im Marketing.

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